Design Thinking: Prozess, Phasen & Beispiele für Innovationen

Design Thinking erklärt: Prozess, Phasen, Innovation & Praxisbeispiele. Menschzentrierte Methode für Unternehmen – verständlich und praxisnah.

Autor Stefan Wozny

Design Thinking: Warum diese Methode Probleme wirklich löst

Komplexe Probleme lassen sich selten mit linearen, klassischen Methoden bewältigen. Oft fehlt es an Klarheit darüber, was das eigentliche Problem ist und wie eine Lösung aussehen sollte. Genau hier setzt Design Thinking an. 

Die Methode wurde ursprünglich entwickelt, um sogenannte Wicked Problems zu bearbeiten – Probleme also, die nicht eindeutig definiert sind, deren Lösung mehrere Disziplinen betrifft und die sich nicht mit rein analytischem Denken lösen lassen. 

Im Zentrum von Design Thinking steht immer der Mensch. Es geht darum, Lösungen zu entwickeln, die sich an realen Bedürfnissen orientieren und die technische Machbarkeit sowie wirtschaftliche Tragfähigkeit berücksichtigen.

Was macht Design Thinking besonders?

Design Thinking unterscheidet sich von klassischen Innovationsmethoden durch seine konsequente Nutzerorientierung. Statt von der Technologie auszugehen, beginnt der Prozess mit der Frage: Welches Problem hat der Nutzer wirklich? 

Während andere Ansätze oft nur einen Bereich – etwa technische Machbarkeit – in den Vordergrund stellen, kombiniert Design Thinking Empathie, Kreativität und Rationalität. 

Was ist eine Innovation?

Eine Innovation ist mehr als nur eine neue Idee. Sie entsteht, wenn sich drei Faktoren überlagern: 

  1. Human Factors (Anziehungskraft): Entspricht die Lösung einem realen Bedürfnis? 
  1. Technical Factors (Umsetzbarkeit): Ist sie technisch machbar? 
  1. Business Factors (Wirtschaftlichkeit): Lässt sie sich wirtschaftlich tragen und skalieren? 

Erst in der Schnittmenge dieser drei Faktoren entsteht eine tragfähige Innovation. Dieser Zusammenhang wird in der folgenden Abbildung dargestellt: 

Das Bild macht deutlich: Design Thinking startet mit dem Menschen – den Human Factors. Erst danach folgen Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit. Dieser Startpunkt unterscheidet die Methode von anderen Ansätzen, die häufig von Technologie oder Marktlogik ausgehen. 

Beispiele aus der Praxis

  • Airbnb stellte fest, dass viele Gastgeber unzureichende Fotos ihrer Wohnungen hochluden. Mithilfe von Design Thinking wurde die Perspektive der Gäste in den Vordergrund gerückt: Bessere Bilder, einfacher hochzuladen, steigerten Vertrauen und Buchungszahlen. 
  • SAP nutzte die Methode, um komplexe Softwareoberflächen für Anwender verständlicher und intuitiver zu gestalten. 

Diese Beispiele zeigen: Design Thinking ist kein theoretisches Konstrukt, sondern in der Praxis vielfach erprobt. 

Rahmenbedingungen für Design Thinking

Design Thinking ist nicht allein eine Abfolge von Methoden. Erfolgreich wird der Prozess erst, wenn bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind. 

Interdisziplinäre Teams

Optimal ist ein Team aus sechs bis acht Personen mit unterschiedlichen Hintergründen. Wichtig ist, dass sogenannte T-Shaped Persönlichkeiten beteiligt sind: Menschen, die einerseits tiefes Fachwissen besitzen, andererseits aber offen und kooperationsfähig sind. 

Kreative Räume

Ein physischer oder digitaler Raum, der Kreativität unterstützt, ist essenziell. Typische Elemente sind: 

  • offene Flächen für Zusammenarbeit 
  • flexible Möbel 
  • Whiteboards und Pinnwände 
  • Materialien für Prototyping 
  • Rückzugsbereiche für konzentriertes Arbeiten 

Gelebte Fehlerkultur

Fehler gelten nicht als Rückschläge, sondern als Teil des Lernprozesses. Diese Haltung ermutigt Teams, Ideen auszuprobieren, zu verwerfen und neu zu denken. 

Die sechs Phasen des Design-Thinking-Prozesses

Der Prozess wird oft als Double Diamond dargestellt – zwei Rauten, die für divergentes (breites, offenes Denken) und konvergentes (fokussiertes, entscheidendes Denken) Arbeiten stehen. 

1. Verstehen

Zu Beginn wird der Problemraum klar beschrieben. Dazu gehört, die Aufgabenstellung zu analysieren, die Zielgruppe zu definieren und erste Erfolgskriterien festzulegen. Dieser Schritt ist entscheidend, um eine gemeinsame Ausgangsbasis im Team zu schaffen. 

2. Beobachten

In dieser Phase geht es um Empathie. Das Team versucht, die Welt aus Sicht der Nutzer zu betrachten. Typische Methoden sind Interviews, Nutzerbeobachtungen oder Tagebuchstudien. Ziel ist es, nicht nur das geäußerte Bedürfnis zu verstehen, sondern auch unausgesprochene Wünsche und Gewohnheiten zu erkennen. 

3. Standpunkt definieren

Die gesammelten Informationen werden strukturiert, geclustert und interpretiert. Am Ende steht eine präzise Problemdefinition, oft formuliert als „Wie könnten wir…?“-Frage. Diese hilft, die weiteren Schritte gezielt zu steuern. 

4. Ideen finden

Jetzt geht es um Quantität. Mithilfe von Methoden wie Brainstorming, Brainwriting oder den „Crazy 8’s“ werden möglichst viele Ideen gesammelt. Bewertungen erfolgen erst später. Wichtig ist, den kreativen Fluss nicht zu unterbrechen. 

5. Prototyping

Ideen werden sichtbar gemachtzunächst oft sehr einfach, etwa als Skizze, Papiermodell oder digitales Mockup. Das Ziel ist nicht Perfektion, sondern ein schneller Abgleich mit der Realität. 

6. Testen

Die Prototypen werden mit echten Nutzern ausprobiert. Beobachtungen und Rückmeldungen zeigen, ob eine Idee tragfähig ist, wo sie angepasst werden muss oder ob ein völlig neuer Ansatz nötig ist. 

Vorteile von Design Thinking

Die Methode bringt mehrere Vorteile mit sich: 

  • Nutzerorientierung: Lösungen sind praxisnah und akzeptanzfähig. 
  • Effizienz: Durch frühes Testen werden Ressourcen gezielter eingesetzt. 
  • Teamkultur: Interdisziplinäre Zusammenarbeit fördert neue Perspektiven. 
  • Flexibilität: Iterative Vorgehensweise erlaubt Anpassungen während des Prozesses. 

Vergleicht man Design Thinking mit klassischen Projektmethoden, wird deutlich: Während dort Abläufe optimiert werden, geht es beim Design Thinking zunächst um die richtige Fragestellung. 

FAQ zu Design Thinking

Was unterscheidet Design Thinking von klassischem Projektmanagement?
Projektmanagement steuert bekannte Abläufe, Design Thinking sucht zunächst nach den richtigen Problemen, bevor Lösungen erarbeitet werden. 

Kann Design Thinking auch in kleinen Unternehmen funktionieren?
Ja. Gerade kleine Unternehmen profitieren, weil sie agil arbeiten können und nah am Kunden sind. 

Wie lange dauert ein Design-Thinking-Prozess?
Das ist abhängig von der Problemstellung. Kurze Sprints dauern wenige Tage, umfangreiche Projekte mehrere Monate. 

Ist Design Thinking nur für die Produktentwicklung geeignet?
Nein. Auch Dienstleistungen, Geschäftsmodelle oder interne Prozesse können mit dieser Methode gestaltet werden.  

Braucht man für Design Thinking immer externe Coaches?
Nicht zwingend. Externe Coaches können helfen, den Prozess zu strukturieren. Mit Erfahrung im Team lässt sich Design Thinking aber auch intern erfolgreich umsetzen.