Stake­holder­manage­ment: Die richtigen Zutaten für Projekt­erfolg

Autorin Franziska Schacht

Was haben Spaghetti al Pomodoro und Stakeholder­management gemeinsam?

Bevor ich diesen Vergleich auflöse, erstmal eine Auffrischung zum Stakeholder­management und dessen Aufgaben im Projekt­management. Ein gewisses Pasta-Vorwissen setze ich für diesen Blog voraus.

Was ist Stakeholder­management?

In jedem Projekt spielen Menschen und Gruppen, die direkt oder indirekt beteiligt sind, eine entscheidende Rolle. Diese Akteure werden als Stakeholder bezeichnet und ihre Erwartungen, Interessen und Einflüsse können das Schicksal eines Projekts maßgeblich beeinflussen.

Stakeholder sind in das Deutsche übersetzt Teilhabende oder Anspruchsberechtige. Auf ein Projekt bezogen also Personen, die am Projekt oder dessen Ergebnis teilhaben oder anspruchsberechtigt sind. Dort inbegriffen sind Einzelpersonen wie ein Betriebsrat, Gruppen wie ein Lenkungskreis oder Organisationen wie Tochter­gesellschaften. Deren Einfluss und Interesse am Projekt unterscheidet sich mitunter massiv.

Das Stakeholder­management umfasst die Interaktion mit Personen, Gruppen oder Organisationen. Dein Ziel ist es, die Erwartungen und den Einfluss der Stakeholder zu kennen, um positive Auswirkungen auf das Projekt zu fördern und negative zu vermeiden.

Zurück zu Kulinarik im Projekt­management

…und der Frage: Was haben Spaghetti al Pomodoro und Stakeholder­management gemeinsam?

Ein guter Koch und Projektmanager kennt seine Grund­zutaten und genau auf die werfen wir zum Einstieg einen Blick.

Im Fall der Pasta sind das Spaghetti, Tomaten, Zwiebeln und Basilikum.

Beim Stakeholder­management sind die Grundzutaten in vielen Projekten das Kernteam, Auftraggeber und andere Fachabteilungen.

Nur wenn Du weißt, welche Zutaten Dein Gericht oder Dein Projekt beeinflussen können, kannst Du auch entsprechende Maßnahmen ergreifen, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen.

Ein hervorragendes Gericht zeichnet sich jedoch nicht nur durch Grundzutaten, sondern besonders durch Gewürze aus. Doch bevor die Metapher jetzt anbrennt, einmal zurück zum Projekt und der Frage an Dich:

Welche typischen Stakeholder fallen Dir in Deinen Projekten ein?

Um das Management meiner Stakeholder anzugehen, ist es notwendig zu wissen, wer diese Stakeholder sind. Genau diese Frage habe ich den Teilnehmenden der Live Session unserer Masterclass Projektmanagement 4.0 gestellt. Hier ein paar der Ergebnisse:

  • Initialisierung – Übergabe der Projekt­anforderungen durch den Auftraggeber an das Projekt­team bzw. den Projekt­leiter
  • Definition – Erstellung des Projekt­auftrages mit einem gemeinsamen Verständnis zum Projekt­vorhaben sowie Genehmigung durch den Auftraggeber
  • Planung – Festlegung der methodischen (Projekt­handbuch) und inhaltlichen (Projekt­plan) Vorgehensweisen im Projekt
  • Ausführung – Umsetzung der fachlichen Projekt­aufgaben entsprechend der festgelegten Vorgehensweise
  • Steuerung – Überprüfung der Ergebnisse und Vorgehensweisen anhand der Projekt­planung und des Projekt­auftrages sowie Ableitung von Maßnahmen
  • Abschluss – fachlicher und kaufmännischer Abschluss des Projektes mit Archivierung der Projekt­management­ergebnisse und Übergabe der Projekt­ergebnisse

Projekt A

  • Vertrieb
  • Einkauf
  • Öffentlichkeitsarbeit
  • Qualitäts­management
  • Kunden und Eigentümer
  • Subunternehmen
  • Städte/Gemeinden
  • Planungsbüro
  • Auftraggeber
  • Teamleitung

Projekt B

  • Interessenten
  • Externe Dienstleister
  • Betriebsrat
  • PMO
  • Einkauf
  • Vertrieb
  • Vertriebs­gesellschaften
  • Versand
  • Marketing
  • Produkt Manger
  • Auftraggebende

Projekt C

  • Unternehmens­kommunikation
  • Veranstaltungs­management
  • Onboarding Arbeitsgruppe
  • Vorstand
  • Geschäftsführung
  • Vorgesetzte
  • Arbeitsdirektorat
  • Human Ressources

Projekt D

  • Dienstleister
  • Planungsbüro
  • Einkauf
  • Ortsgemeinde
  • Anwohnende
  • Naturschutzbehörde
  • Weitere Behörden

Wie Du siehst, ist das Ergebnis der Umfrage nicht aus einem einzigen Projekt, sondern aus vier unterschiedlichen Projekten. Nichts destotrotz wiederholen sich einige Stakeholdergruppen immer wieder.

Wenn Du in Deinem nächsten Projekt also Deine Stakeholder zusammenstellst, suche Deine Unterlagen der vorangegangenen Projekte heraus und schau, ob Du niemanden vergessen hast. Eine Rücksprache und ein Vergleich mit Projekt­managern aus anderen Projekten sind hier ebenfalls hilfreich. Eine weitere gute Anlaufstelle für solche Unterlagen ist das Projekt Management Office (PMO), die Dir gute Rezepte für Deine Projekte liefern können.

Doch warum ist ein ausgefeiltes Stakeholder­management so wichtig? Um die Relevanz deutlich zu machen, werfen wir mal einen Blick auf ein bekanntes Beispiel dafür, wie Stakeholder­management nicht laufen sollte.

Stakeholder­management im Extrem

So stark, dass das ursprünglich veranschlagte Budget von 4,5 Milliarden Euro mehrfach überschritten wurde. Die tatsächlichen Kosten stiegen auf über 9 Milliarden Euro an, was zu öffentlicher Empörung und politischer Kritik führte. Das Resultat waren massive Verzögerungen. Die geplante Fertig­stellung war ursprünglich für 2019 vorgesehen, wurde jedoch aufgrund von technischen Herausforderungen und Protesten immer weiter nach hinten geschoben. Nach dem letzten Stand im Juni 2023 steht das Versprechen, dass Stuttgart 21 Ende 2025 in Betrieb geht. Sechs Jahre später als zu Beginn geplant.

Schauen wir uns doch mal an, was in Bezug auf das Stakeholder­management hier schiefgelaufen ist:

  • Fehlende Kommunikation und Transparenz: Ein Hauptproblem beim Projekt Stuttgart 21 war die unzureichende Kommunikation mit den betroffenen Stakeholdern. Die Projekt­verantwortlichen versäumten es, frühzeitig und transparent über die geplanten Veränderungen zu informieren und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernsthaft anzuhören.
  • Bürgerproteste und Widerstand: Die unzureichende Einbindung der Bevölkerung führte zu massiven Bürgerprotesten und Widerstand mit über 600 Kundgebungen gegen das Projekt. Es entstanden Protest­bewegungen, die das Projekt immer wieder verzögerten und in Frage stellten.
  • Kosten und Zeitrahmen: Das Projekt Stuttgart 21 geriet durch die Proteste und politischen Debatten in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten und verzögerte sich stark. Die steigenden Kosten und Verzögerungen führten zu einem Vertrauensverlust bei den Stakeholdern und in der Öffentlichkeit.
  • Politische Einflussnahme: Das Projekt wurde auch durch politische Interessen beeinflusst, was das Stakeholder­management zusätzlich erschwerte. Die unterschiedlichen politischen Standpunkte und Wechsel in der Regierung führten zu Unsicherheiten und veränderten Prioritäten.
  • Mangelnde Berücksichtigung von Anliegen: Einige Gruppen fühlten sich nicht angemessen in die Planungsphase einbezogen und sahen ihre Bedenken und Interessen nicht ausreichend berücksichtigt. Dies führte zu einem Vertrauensverlust und verstärkte die Widerstände.

Das Beispiel von Stuttgart 21 verdeutlicht eindrücklich, wie wichtig ein effektives Stakeholder­management für komplexe Großprojekte ist. Das gilt jedoch ebenso für kleinere Projekte, auch wenn die Auswirkungen in der Regel geringer sind.

Die frühzeitige Einbindung der betroffenen Stakeholder in die Projektplanung, eine transparente Kommunikation und eine ernsthafte Berücksichtigung ihrer Anliegen und Bedenken sind von entscheidender Bedeutung, um Projekte erfolgreich umzusetzen und mögliche Konflikte zu minimieren.

Von der Analyse bis zur Kommunikation

Doch wie gelingt es Dir die relevanten Stakeholder angemessen einzubeziehen und damit das Projekt positiv zu beeinflussen?

Hier hilft Dir ein Blick in unser Kochbuch, das Projektmanagement-Prozessmodell, und dem Rezept mit fünf Schritten zum Stakeholder­management:

1. Stakeholder identifizieren

2. Stakeholder bewerten

Im nächsten Schritt bewertest du die identifizierten Stakeholder hinsichtlich ihres Einflusses und Interesses. In der Praxis hat sich eine Bewertung auf einer Skala von 1 bis 9 bewährt. Anhand dieser Bewertungen ergibt sich eine Einordnung in eine Stakeholder-Matrix.

Diese Einordung gibt Dir die Möglichkeit vier Prioritätsgruppen zu unterteilen und deren Einbindungs­strategie in das Projekt­geschehen zu planen, was uns schon zum nächsten Schritt bringt.

3. Einbindung planen

A – umfangreich informieren und einbeziehen:

  • Regeltermin
  • Statusmeeting
  • Working-Sessions
  • Regelmäßige Infomail

B – gut informieren und einbeziehen:

  • Infomail
  • Telefonat
  • Statusbericht

C – regelmäßig informieren:

  • Meilensteine kommunizieren
  • Flyer / Newsletter
  • Teamscall / Infomail
  • Infoveranstaltung

D – ausreichend informieren:

  • Bedarfstermine
  • Dokumentation
  • Infomail
  • Infoveranstaltung

4. Stakeholder informieren

Anschließend informierst du die Stakeholder gemäß ihrer festgelegten Einbindung. Dabei spielt die passende Kommunikation eine entscheidende Rolle.

Eine klare, authentische und respektvolle Kommunikation basiert auf interne Kommunikations­fragen wie:

  • Welches Ziel verfolge ich mit meiner Kommunikation?
  • Welche Wirkung möchte ich erzielen? Wie sollen mich andere wahrnehmen? Welche Botschaft möchte ich vermitteln?
  • Welche Stärken und Potenziale kann ich einbringen?
  • Welche Werte und Bedürfnisse vertrete ich?

5. Einbindung analysieren

Das Interesse und der Einfluss der Personen werden sich im Verlauf des Projekts ändern. Manche Personen, wie zum Beispiel Dienstleister, begleiten das Projekt nur zeitweise, haben aber in dieser Phase einen großen Einfluss.

Eine kontinuierliche Analyse und Anpassung des Stakeholder­managements ist daher für eine erfolgreiche Umsetzung von essenzieller Bedeutung – quasi wie das Abschmecken und Verfeinern Deiner Soße mit den richtigen Gewürzen.

Fazit

Stakeholder­management ist keine einfache Aufgabe, sondern eine Balance zwischen Erwartungen, Bedenken und Zielen verschiedener Akteure.

Zu Beginn dieses Beitrags habe ich eins meiner vermeintlich einfachen Lieblings­gerichte – Spaghetti mit fantastischer, selbstgemachter Tomatensoße – erwähnt. Doch was auf den ersten Blick simpel wirkt, entfaltet sich erst in den Feinheiten – in den Gewürzen und Röstaromen. Natürlich kann ich eine Fertigsoße kaufen und mir Arbeit zu sparen, aber den Geschmack von frischen Zutaten, Abschmecken und Nachwürzen kann ich dadurch nie erreichen.

Genau wie beim Kochen lernst Du die Feinheiten des Umgangs mit Stakeholdern am besten durch Erfahrung. Mit der Zeit lernst Du neue Gewürze kennen, verstehst den richtigen Umgang mit Ihnen und nutzt sie dafür, Dein Gericht noch besser zu machen.

Durch die Nutzung erprobter Strategien und der Auseinandersetzung  mit den Bedürfnissen Deiner Stakeholder, kannst Du Deine Projekte so steuern, dass Du die gewünschten Ergebnisse erzielst.

Als Rezepte für den richtigen Umgang mit Stakeholdergruppen, kann ich Dir unsere Vorlage zum Stakeholder­management ans Herz legen. Unsere Toolbox und die Stakeholder Matrix helfen Dir dabei, den Überblick nicht zu verlieren und angemessene Strategien für jede Gruppe festzulegen.

Wenn Du gerne in die weiteren Wissensgebiete des Projektmanagements eintauchen möchtest, schau bei der Masterclass Projektmanagement 4.0 vorbei, Deiner Lernplattform für Projektmanagement!

Ich hoffe, dass Dir dieser kleine Ausflug in die Welt der Stakeholder und der Tomatensoßen gefallen hat. Wenn Du Fragen zu den Unterlagen oder zu Deinen Projekten hast, freue ich mich über eine Mail von Dir.

Excel-Vorlage für Dein Stakeholder­management

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